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***[https://www.deutschlandfunk.de/ex-sektenmitglied-packt-aus-ein-hierarchisches.807.de.html?dram:article_id=391956 Deutschlandfunk: „Ein hierarchisches, faschistisches System mit einem Führer"] - Interview mit Ariela Bogenberger, einer Aussteigerin aus der Kirschblütengemeinschaft
 
***[https://www.deutschlandfunk.de/ex-sektenmitglied-packt-aus-ein-hierarchisches.807.de.html?dram:article_id=391956 Deutschlandfunk: „Ein hierarchisches, faschistisches System mit einem Führer"] - Interview mit Ariela Bogenberger, einer Aussteigerin aus der Kirschblütengemeinschaft
 
**[https://www.youtube.com/watch?v=3vYpuNcYv1o "Ich mach Dich gesund!" Scharlatane und falsche Heiler | Beckmann]
 
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==Referenzen==
 
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Version vom 27. November 2020, 18:02 Uhr

Die Substanz-unterstützte Psychotherapie, auch psycholytische Psychotherapie, Psycholyse oder psychedelische Psychotherpie genannt, nutzt die Eigenschaft meist halluzinogener oder entaktogener Substanzen, eine Stimulation der Affektivität und einen traumartigen Erlebnisfluss bei klarem Bewusstsein und gutem Erinnerungsvermögen zu erzeugen.

Die Substanz-unterstützte Psychotherapie ist eher ein Konglomerat von Ansätzen als eine einheitliche Schule. Sie ist tendenziell psychoanalytisch oder tiefenpsychologisch orientiert und wurde seit den 60er Jahren auch stark von sogenannten experimentellen, humanistischen Psychotherapieverfahren beeinflusst. Bedingt durch die Illegalisierung unterliegen diese Therapieverfahren kaum Qualitätskontrollen und basieren häufig eher auf Erfahrungswissen der Praktizierenden als auf evidenzbasierter Medizin. Von vielen psychotherapeutischen Fachverbänden, wie der DPtV[1], wird psycholytische Therapie meist abgelehnt und Anbietern von Psycholyse droht oft ein Entzug ihrer Approbation, wenn ihre Aktivitäten öffentlich werden.

Psycholytische Psychotherapie ist nicht zu verwechseln mit konventionellen medikamentös-unterstützen Therapien, welche etwa Antidepressiva, Neuroleptika, Methylphenidat oder Benzodiazepine verwenden können, Substitutions-Therapien oder auch mit einer Selbstmedikation des Betroffenen durch Drogen bzw. Psychonautik.


Begriffe

Psycholyse ist ein Neologismus, der sich aus den griechischen Wörtern Psyche - Seele und Lysis - Auflösung zusammensetzt. Er wurde von britischen Psychiater Ronald A. Sandison geprägt und sollte die Fähigkeit innere Konflikte aufzulösen ausdrücken. Begrifflich steht er auch der Ich-Auflösung (auch Ego-Tod genannt) nahe, welche oft als Wirkung von Psychedelika beschrieben wird.

Psycholytische Therapie und Psychodelische Therapie werden z.T. voneinander abgegrenzt:

  • psycholytische Therapie ist eine vorwiegend in Europa entstandene Therapieform, bei der üblicherweise mit geringeren bis mittleren Dosierungen gearbeitet wird. Patienten bleiben während der Sitzung in einem weitgehend ansprechbaren Zustand. Ziel ist meist die Bearbeitung von Konflikten und die sichtbarmachung des Unbewussten.
  • psychdelische Therapie ist eine vorwiegend in den USA entstandene Therapieform, bei der mit sehr hohen Dosierungen gearbeitet wird. Patienten liegen während des Trips meist mit geschlossenen Augen und folgen ihrem inneren Erleben. Gespräche finden vor und nach dem Trip statt. Ziel ist meist die Erzeugung Bewusstseinserweiternder Erfahrungen.

Weiterhin gibt es noch den Begriff der Transpersonalen Psychologie und der darauf aufbauenden Transpersonalen Therapie. Hierbei stehen allgemein veränderte Bewusstseinszustände im Fokus, wobei diese nicht unbedingt durch Drogen erzeugt werden müssen. Häufig finden Verbindungen zu esoterischen und religiösen Konzepten statt. Die tranpersonale Psychologie steht u.a. wegen ihres Mangels an wissenschaftlicher Methodik in der Kritik.

Verwendete Drogen

In der Psycholyse werden die verwendeten psychoaktiven Substanzen zum Teil sprachlich von "Drogen" abgegrenzt und stattdessen als "Medizin", "Heilmittel" oder schlicht Substanz oder Stoff bezeichnet.


Allgemein unterliegen Anbieter von Psycholyse denselben Beschaffungsproblemen wie reguläre Konsumenten. Hierraus ergeben sich die üblichen Probleme, dass die Qualität und Dosierung der verwendeten Drogen unbekannt ist. Zum Teil weichen Anbieter auf Neue Psychoaktive Substanzen (NPS) aus um rechtliche Risiken zu vermeiden, was aber auch zum Problem hat, dass diese Substanzen weniger erforscht sind.

Risiken

Wechselwirkung mit Psychopharmaka

Viele Psychopharmaka, die in regulären Therapien von Psychiatern verschrieben werden, vertragen sich nicht mit den bei der Psycholyse verwendeten Drogen. Insbesondere zwischen serotonergen Substanzen kann es zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen, z.B. zwischen SSRI-Antidepressiva und Entaktogenen Amphetaminen.

Da Psycholyse oft als eine Art Wundertherapie vermarktet wird, besteht die Gefahr, dass Patienten eine reguläre medikamentös-unterstützten Therapie abbrechen, da sie sich von der Psycholyse schnellere Erfolge versprechen.

Kritik

Gruppentherapie

Das häufige Gruppen-Setting bei der Psycholyse wird dafür kritisiert, dass ein Therapeut hierbei nur die Rolle eines Anleitenden Tripsitters einnehmen kann und kaum auf die individuellen Bedürfnisse eines Patienten eingeht. Dieses muss meistens erst in späteren Sitzungen nachbearbeitet werden.

Weiterhin unterliegen Gruppen oft eigenen sozialen Dynamiken, wie etwa Gruppenzwang, der man sich insbesondere unter Drogeneinfluss schwieriger erwehren kann. Es gibt Therapie-Gruppen denen sektenartige Züge nachgesagt werden und bei denen die Anbieter im Verdacht stehen ihre Machtstellung auszunutzen.

Selbsteinnahme

Häufig nehmen Anbieter von psycholytischen Sitzungen selbst die verwendete Droge ein, was dazu dient eine empathische Verbindung zu den Kunden zu halten. Diese Praxis wird kritisiert, da die Anbieter so im Falle von Komplikationen in ihrer Urteilskraft geschwächt wären und so vielleicht nicht adäquat reagieren könnten.

Mangelnde Kenntnisse im Umgang mit Drogen

Viele Anbieter aus dem Bereich der Psycholyse kommen aus der Psychotherapie oder dem Heilpraktikerwesen, sie dürften deshalb nichtmal legale Medikamente verschreiben und ihnen fehlen Fachkenntnisse im Umgang mit diesen. Insbesondere sind auch die Kenntnisse über die Psychopharmakologie der verwendeten Drogen meist lückenhaft.

Häufig findet bei den Anbietern eine gedankliche Trennung zwischen den von ihnen verwendeten "Medizinen" und "Drogen" statt, wobei sie betonen, dass die "Medizin" im Gegensatz zu Drogen völlig ungefährlich sei. Hierdurch werden Kunden in falscher Sicherheit gewogen. Zwar sind Psychedelika, wie LSD und Psilocybin, physiologisch recht ungefährlich, dies gilt aber nur bedingt für Amphetamine wie MDMA und für Research Chemicals, wie 2C-B, ist oft nur wenig über mögliche schädliche Nebenwirkungen bekannt. Es kann aber auch zu Komplikationen kommen wenn diese Drogen falsch dosiert werden oder wenn sie als Schwarzmarktprodukt mit anderen Drogen kontaminiert sind.

Weiterhin sind psychische Komplikationen möglich, gerade da die Zielgruppe der Psycholytischen Therapie ja Menschen mit psychischen Problemen sind. Es gibt auch berichte davon, dass Patienten bei Komplikationen mit Beruhigsmitteln "runtergespritzt" wurden.

Mangelnde Indikation

Bei einigen Angeboten für Psycholyse findet keine Überprüfung nach Indikation statt. Der therapeutische Charakter solcher Sitzungen ist fragwürdig, da ja keine psychische Erkrankung festgestellt wurde, die behandelt werden soll. Zum Teil erscheint Psycholyse hierbei eher als Mittel, mit dem sich Gesunde weiter selbst verbessern wollen.

Zum Teil gibt es wohl auch die Praxis von Therapeuten einfach irgendwelche Diagnosen zu stellen, damit die Krankenkassen eine Behandlung bezahlen, wobei man natürlich die Krankenkassen über die Art der Behandlung im Unklaren lässt.

(Re-)Traumatisierung

Eine häufig vorgebrachte Kritik an der Psycholyse ist, dass Psychdelika zu traumatischen Horrortrips führen können, insbesondere wenn Erinnerungen an vorangegangene Traumata unkontrolliert hervorbrechen (Retraumatisierung). Bei gutem Set und Setting lassen sich solche Horrortrips reduzieren, allerdings lassen sie sich nicht vollständig ausschließen. Um die Folgen eines solchen Horrortrips abzumildern braucht es einer langen Nachbetreuung der Kunden, welche nicht bei allen Angeboten für Psycholyse gegeben ist.

Survivorship Bias

Da die Anbieter von Psycholyse meist auf Erfahrungswissen mit ihren Kunden aufbauen, unterliegen sie bei der Bewertung ihrer Therapien meist einem Survivorship Bias. Das bedeutet, dass Kunden, bei denen die Therapie anschlägt meist länger in ihrer Therapie bleiben, während Kunden, bei denen das nicht der Fall ist, diese früher beenden und nach anderen Möglichkeiten suchen. Daraus resultierend ist davon auszugehen, dass die Wirksamkeit der eigenen Therpiemethode meist überbewertet wird, da man eher mit Patienten zu tun hat, bei denen die Therapie anschlägt.

Historie

Schamanismus

Die kulturhistorischen Anfänge dieser Therapieformen liegen in vorhistorischer Zeit. Zu jeder Zeit hat der Mensch einzelnen Substanzen eine heilende und transformierende Eigenschaft zugesprochen. Diese Substanzen waren und sind in der Regel eingebettet in einen kulturellen Zusammenhang und spielen oft eine große Rolle in Zeremonien, Ritualen und Religion (Schamanismus).

Heute finden sich vor allem in Südamerika noch unterschiedliche schamanistische Traditionen, welche Drogen in dieser Weise verwenden. Beispiele für solche entheogenen Drogen sind etwa Ayahuasca, Yopo, Ololiuqui, Mescalin-haltige Kakteen, Psilocybinhaltige Pilze und Salvia divinorum.

Insbesondere für Ayahuasca-Erfahrungen hat sich in Südamerika ein Markt entwickelt, bei dem Anbieter von unterschiedlicher Seriosität und religiöse Kulte ("Ayahuasca-Kirchen") den Hunger von meist westlichen Touristen nach bewusstseinserweiternden Erfahrungen stillen. (vgl. Plastikschamanismus)

Moderne

Bereits kurz nach der Entdeckung des halbsynthetischen Psychedelikums LSD durch Albert Hofmann 1943 vermarktete Sandoz es als "Delysid" für die Verwendung in der Psychotherapie, einerseits für die Einnahme durch den Patienten in der psychotherapeutischen Sitzung, andererseits aber auch für die Einnahme durch den Psychotherapeuten, der sich durch die Erfahrung angeblich in die Gedankenwelt eines Psychotikers versetzen sollen könnte (Basierend auf der heute als widerlegt geltenden Hypothese der Modellpsychose).

1960 initiierte der Psychotherapeut Hanscarl Leuner das „Erste europäische Symposion für die Psychotherapie unter LSD 25“ an der Göttinger Universität an der Gäste aus vielen Europäischen Ländern Teilnahmen. 1964 gründete sich die "Europäische Ärztliche Gesellschaft für psycholytische Therapie" (EPT), welche bis 1971 bestand.

Durch die Illegalisierung von LSD (1966 USA, 1967 Deutschland, 1971 Österreich) rückten viele Forscher und Psychotherapeuten von dessen Verwendung ab, während sich bei den verbleibenden sozialkritische Tendenzen verstärkten. Ende der 1970er erschien MDMA als eine Alternative in der therapeutischen Verwendung bis auch dieses verboten wurde (1985 USA, 1986 Deutschland). 1985 wurde die "Schweizerische Ärztegesellschaft für psycholytische Therapie" durch den Psychiater Peter Baumann gegründet, welche von 1988 bis 1993 eine Ausnahmegenehmigung für die Verwendung von LSD und MDMA zu Forschungszwecken erhielt.

Vielfach wurden psycholytische Verfahren weiterhin im Untergrund praktiziert und hierbei z.T. mit eher esoterisch anmutenden Konzepten verbunden. Psycholytische Gruppentherapien können heute oft als Teil des unregulierten Psychomarkts betrachtet werden.

Stanislav Grof

Einige Vertreter der Psycholyse versuchten auf legale Wege der Bewusstseinserweiterung auszuweichen, z.B. entwickelte Stanislav Grof, ein Begründer der Transpersonalen Psychologie, die Methode des Holotropen Atmens um veränderte Bewusstseinszustände herbei zu führen.

Samuel Widmer und die Kirschblütengemeinschaft

Der Schweizer Arzt, Psychiater, Psychotherapeut Samuel Widmer hatte großen Einfluss auf die heute im deutschsprachigen Raum bestehendend Untergrund der Psycholyse, indem er sein Wissen durch verschiedene Kursangebote an Schüler weitergegeben hat.

Im Widmers Umfeld gründete sich die Kirschblütengemeinschaft, in der Psycholyse mit Konzepten wie Freier Liebe und Tantra verbunden werden und allgemein ein gesellschaftstransformierender Charakter dieser Methoden propagiert wird. Der Gemeinschaft werden z.T. sektenartige Züge unterstellt.

Typisch für Widmer und seine Schüler ist das Psycholyse oft in Gruppentherapien (anstelle von Einzeltherpien) stattfinden. Diese illegalen und nicht-anerkannten Therapiesitzungen geraten meist nur dann an das Licht der Öffentlichkeit, wenn die fehlerhafte Anwendung bzw. Zubereitung der Drogen notärztlich Hilfe notwendig macht, wie etwa bei der Massenvergiftung mit 2C-E und Bromo-DragonFLY bei einem Seminar in Handeloh 2015[2] oder dem Tod zweier Patienten bei einer Gruppen-Sitzung 2009 in Berlin-Hermsdorf[3]. Über die Häufigkeit von Komplikationen, bei denen keine Rettungskräfte zum Einsatz kamen oder das Hinzuziehen von Rettungskräften aus Angst vor Entdeckung vermieden wurde, lässt sich nur spekulieren. Es gibt auch Berichte davon, dass Horrortrips bei Gruppensitzungen gezielt durch Gabe von Benzodiazepinen beendet ("runterspritzen") und in einigen Fällen den Betroffenen die Schuld an diesen Horrortrips zugeschrieben wurde, anstatt das der Therapeut zugab einen Behandlungsfehler gemacht zu haben.

Die Verbindung von Tantra mit psycholytischer Gruppentherapie steht häufig in der Kritik, da hierbei leicht die unter Drogeneinfluss reduzierte Konsensfähigkeit zu sexuellen Handlungen ausgenutzt werden kann, insbesondere da eh schon ein Machtgefälle zwischen Therapeut und Behandeltem besteht.

Widmer selbst steht u.a. dafür in der Kritik, dass er offen das Inzest-Tabu zwischen Vater und Tochter kritisierte.

Bekannte Aussteigerinnen aus der Kirschblütengemeinschaft sind z.B. Sabine Bundschu und Ariela Bogenberger.

Forschung

Nach jahrelangen Verboten sind diese Substanzen wieder Gegenstand ernsthafter wissenschaftlicher Forschung - sowohl im klinischen als auch im therapeutischen Rahmen - vor allem in der Schweiz, in Israel und in den USA.


Weblinks

Referenzen