Als Hexendrogen werden biologische Halluzinogene bezeichnet, welche in Europa beheimatet sind oder zur Zeit der Hexenverfolgung verfügbar waren.
Sie sollen von den angeblichen Hexen verwendet worden sein, wobei natürlich die Existenz einen "Hexenkultes", wie er von dessen Verfolgern propagiert wurde, heute eher abwegig erscheint.
Hexensalbe
Bekannt sind Rezepte für Flugsalben, mit denen sich Hexen eingerieben hätten um zum Hexen-Sabbath zu fliegen (was natürlich heute als Drogen-Trip interpretiert wird). Die Authentizität vieler solcher Rezepte ist allerdings umstritten. In den Folter-Verhören gaben die Angeklagten meist an, die "Schmiere" von jemand anderen, in der Regel dem Teufel selbst, erhalten zu haben, und sie nicht selbst hergestellt zu haben. In nur sehr wenigen Fällen wurde Hexensalbe bei den Beschuldigten gefunden.
Die meisten Quellen für Rezepte sind Naturwissenschaftler, wie der neapolitanische Arzt Giambattista della Porta, bei denen unklar ist wie sie an ihr Wissen gelangten, die aber wohl auch selbst mit der Wirksamkeit von Heil- und Gift-Pflanzen vertraut waren.
Mögliche Zutaten
Ausgehend von den bekannten Rezepten scheinen die wesentlichen Komponenten der Hexensalben delirante Nachtschattengewächse gewesen zu sein, welche in hoher Dosierung traumartige Halluzinationen erzeugen können, bei einer Überdosierung aber auch leicht zu tödlichen Vergiftungen führen.
Weitere Zutaten, wie blauer Eisenhut (Aconitum napellus) und gepfeckter Schierling (Conium maculatum), sind sehr giftig und ohne bekannte halluzinogene Wirkung. Ihre Anwendung, insbesondere zusammen mit den deliranten Nachtschattengewächsen, ist lebensgefährlich.
Viele Zutaten scheinen stark von den Magie-Vorstellungen der damaligen Zeit inspiriert zu sein, insbesondere der Sympathielehre. Diese verlangten nicht nur bestimmte Pflanzen auszuwählen, sondern schrieben oft auch noch sehr genau vor, an welchem Wochentag oder unter welcher astrologischen Konstellation man diese zu ernten oder verarbeiten hätte. Die Verwendung von Hostien und Messwein unterstrich den gotteslästerlichen Charakter der Hexerei und die angebliche Verwendung von Kinderfett galt als Beleg dafür, dass Hexen nichtmal vor dem Kindsmord zurückschreckten.
Es wurde auch vermutet, dass es sich bei einigen jener magischen Zutaten, wie z.B. Wolfs- oder Fledermaus-Blut, um Code-Worte handelte, welche die tatsächliche Zusammensetzung verschleiern sollen.
Im moderneren Heiden- und Hexentum entstanden für die Hexensalbe auch neue Rezepturen, welche u.a. Schlafmohn bzw. Opium, Hanf bzw. Haschisch und/oder Fliegenpilz beinhalten können. Schlafmohn und Hanf dürften jedenfalls im Mittelalter weit verbreitete Nutzpflanzen gewesen sein. Mögliche weitere wirksame Komponenten könnten Giftlattich und Taumellolch sein.
Bekannte Drogen
- Bekannte Drogenpflanzen
- Delirante Nachtschattengewächse
- Atropa belladonna - Solanum somniferum
- Datura
- Datura stramonium - Stramonii
- Hyoscyamus niger - Bilsenkraut
- Mandragora - Alraune
- Scopolia carniolica - Krainer Tollkraut
- Areca catechu - Betelnuß
- Cannabis sativa - Hanf
- Lactuca virosa - Gift-Lattich (Opium-ähnliche Wirkung)
- Papaver somniferum - Magsamen, Papaver niger (Opiuid)
- Nicotiana tabacum - Tabak
- Pilze
- Zubereitungen
- Tiere
- Bufo bufo - Krötengift
- Lytta vesicatoria - Spanische Fliege
Bekannte Gifte
- Pflanzen
- Aconitum - Wolfskraut
- Aconitum napellus - Blauer Eisenhut
- Conium maculatum - Gefleckter Schierling
- Helleborus - Nieswurz
- Solanum - Nachtschatten, Solano
- Taxus baccata - Eibe
- Veratrum album - Nieswurz
- Pilze
- "Ruß"
- Ustomycetes - Brandpilze
- Claviceps purpurea - Mutterkorn
Stoffe mit schwacher oder umstrittener Wirksamkeit
- Acorus calamus - Ackerwurz, Calamus
- Boswellia sacra - Weihrauch, Olibanum
- Crocus sativus - Safran
- Lolium temulentum - Lolch
- Nuphar lutea - Seerose
- Nymphaea alba - Seerose
- Withania somnifera- Solanum somniferum
weites
- Pflanzen
- Aethusa cynapium - Hundspetersilie
- Agrimonia eupatoria - Ottermennige
- Apium graveolens - Apium, Epfich, Wasser-Merck
- Ballota nigra - Andorn
- Botrychium lunaria - Echte Mondraute
- Chelidonium - Wolfsmilch
- Cicuta virosa - Cicuta
- Conyza - Beschreikraut
- Dracaena cinnabari - Drachenblut
- Euphorbia - Wolfsmilch
- Ferula asafoetida - Teufelsdreck
- Iris - Lilie
- Lactuca sativa - Gartensalat
- Nasturtium
- Papaver rhoaes - Klatschmohn, Papaver ruber
- Pastinaca - Pastinak
- Piper nigrum - Pfeffer
- Populus nigra - Populi
- Portulaca
- Potentiella - Fingerkraut, Pentaphyllum
- Scabiosa succisa - Teufelsabbiß
- Sium
- Verbena officinalis - Verbene
- Tierprodukte
- Dachsschmalz
- Fledermausblut
- Fuchsschmalz
- Katzenhirn
- Kinderfett
- Wiedehopfblut
- Wolfsblut
- Wolfsfett
- Wolfsschmalz
- Vogelblut
- Säuglingsblut
- Kinderblut
- Eulenblut
- Käuzchenblut
- Gaierfett
- Sonstiges
- Öl
- Salz
- Rost
- Hostien
Delirante Nachtschattengewächse
Die klassischen Hexendrogen, welche sich üblicherweise auch in Hexensalbe-Rezepten finden, sind vor allem delirant-halluzinogene Nachtschattengewächse wie Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna), Alraunen (Mandragora), Bilsenkräuter (Hyoscyamos) und Stechäpfel(Datura, vermutlich erst Ende des 16. Jahrhundert in Europa eingeführt). Die Wirkstoffe dieser Pflanzen sind Scopolamin und (S)-Hyoscyamin bzw. Atropin ((R,S)-Hyoscyamin, ein Gemisch aus (R)- und (S)-Hyoscyamin, welches sich bei der Isolierung von (S)-Hyscyamin bildet). Sie wirken als Anticholinergika und können bei unvorsichtigem Gebrauch leicht zu tödlichen Vergiftungen führen.
Amanita-Pilze
Zum Teil wird auch der Fliegenpilz, der Phanterpilz und der Königsfliegenpilz dazu gezählt, welche ebenfalls Delirantia sind (Hauptwirkstoff: Muscimol). Ihr Gebrauch ist insbesondere im sibirischen Schamanismus belegt. Tödliche Vergiftungen mit Fliegenpilzen sind zwar möglich aber kaum belegt, sie kommen beim Phanterpilz aber durchaus vor. Sie sollen allerdings eine sehr Leber-schädigende Wirkung haben.
Muskatnüsse
Über Handelswege kamen auch Muskatnüsse als Gewürz nach Europa, welche in nahezu allen pflanzenheilkundlichen Werken erwähnt wurden. Es erscheint als wahrscheinlich, dass die delirante und manchmal halluzinogene Wirkung einer (unbeabsichtigten) Überdosierung bekannt war. Insbesondere der Prophet Nostradamus soll Muskatnüsse zum Erzeugen von Visionen benutzt haben.
weitere mögliche Drogen
Es gibt noch weitere in Europa beheimatet biogene Halluzinogene, allerdings ist unklar ob und wie weit deren Wirkung damals bekannt war. Dies wären:
- der Spitzkegeliger Kahlkopf, sowie andere Arten von psilocybinhaltigen Pilzen.
- Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea), welches DMT enthält, aber oral nur in Kombination mit MAO-Hemmern (z.B. Harman-Alkaloide) wirkt und dessen mögliche Wirkung vermutlich erst in der Moderne erkannt wurde. Eine mögliche Pflanze mit MAO-Hemmern ist die Steppenraute (Peganum harmala), welche in Westasien und Nordindien verbreitet ist.
Auch Schlafmohn und Hanf, welche in Europa als Nutzpflanzen verbreitet waren, können unter bestimmten Umständen halluzinogene Effekte erzielen.
siehe auch
Verwandte Drogen
Delirantia | |||
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Vertreter | |||
Biogen | Pflanzen | Hyoscyamin & Scopolamin | Delirante Nachtschattengewächse |
Atropa, Atropa acuminata, Atropa belladonna, Atropa caucasia, Atropanthe sinensis, Brugmansia, Brugmansia arborea, Brugmansia aurea, Brugmansia candida, Brugmansia sanguinea, Brugmansia suaveolens, Brugmansia versicolor, Datura, Datura ceratocaula, Datura inoxia, Datura metel, Datura stramonium, Duboisia, Duboisia myoporoides, Duboisia leichhardtii, Hyoscyamus, Hyoscyamus albus, Hyoscyamus aureus, Hyoscyamus muticus, Hyoscyamus niger, Latua pubiflora, Mandragora, Mandragora autumnalis, Mandragora officinarum, Physochlaina orientalis, Scopolia, Scopolia anomala, Scopolia carniolica, Scopolia japonica, Scopolia tangutica, Solandra maxima | |||
Myristicin Elemicin Safrol |
Myristica fragrans | ||
Pilze | Muscimol Ibotensäure |
Amanita muscaria, Amanita pantherina, Amanita regalis | |
Zubereitung | Hexensalbe, Piturin | ||
Wirkstoffe | Elemicin, Ibotensäure, Muscimol, Myristicin, Safrol | ||
Anticholinergika | Atropin, Diphenhydramin, Hyoscyamin, Scopolamin, Tropicamid | ||
Wissen und Kultur | |||
Wirkung | Delirium, echte Halluzinationen, parasympatholytisch, Tachykardie, Mydriasis, Verwirrung, Sprachstörungen, Ataxie, Mattigkeit, Gleichgewichtstörungen | ||
Risiken | Horrortrip, Kontrollverlust, Herzstillstand | ||
Safer Use | Tripsitter, SaferUse | ||
Hexendroge, Pilzatropin | |||
Mischkonsum mit | |||
Opioiden |